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Biographie und Beruf im staatlichen Spannungsfeld. Der Architekt Hermann Henselmann in der Zeit des „Bauens in nationaler Tradition“

Frank Hager

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Abstract


Zusammenfassung

Architektur und Stadtplanung haben in den unmittelbaren Nachkriegsjahren und darüber hinaus zu jenen hochpolitisierten Gesellschaftsbereichen gehört, die für die Ausprägung charakteristischer Kommunikationsstrukturen und kommunikativer Strategien innerhalb des staatssozialistischen Systems der SBZ/DDR beispielhaft gewesen sind. Aufgrund der kaum zu unterschätzenden Symbolfunktion haben sich diese Spezialistendebatten um Architektur und Städtebau permanent mit dem politisch- ideologisch geführten (Herrschafts-)Diskurs überschnitten, insbesondere in dem Bemühen, im Spannungsfeld zwischen persönlichen Entwurfsentscheidungen und staatlichen Steuerungsversuchen Kurs zu halten, sich also autonome Bereiche zu bewahren, wie es in der Person Hermann Henselmanns, des wohl bis heute bekanntesten Architekten der DDR, besonders anschaulich wird. Anhand der legendären „Reise nach Moskau“ des Jahres 1950 wird gezeigt, welche Grenzen sich in dem verzweifelten Ringen, die eigene berufliche Existenz mit einem Rest an Gestaltungsfreiheit zu erhalten, als unüberwindlich herausgestellt haben. Zugleich aber haben fehlende Verbindlichkeiten bei der Implementation der Reiseergebnisse in bestehende Strukturen ein vorzügliches Experimentierfeld eröffnet, auf dem ein gewiefter Taktiker wie Henselmann bewusst falsche Spuren legen konnte. Deutlich wird insgesamt, dass ein an westlichen Maßstäben genormtes Analyserater nicht ausreicht, um solche biographischen Volten unter sozialistischen Bedingungen angemessen zu erfassen und daraufhin zu befragen, was diese Verhaltensmuster über den Charakter von gesellschaftlichen (Teil-)Diskursen in diktatorisch verfassten Systemen auszusagen vermögen.

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Bibliographie: Hager, Frank: Biographie und Beruf im staatlichen Spannungsfeld. Der Architekt Hermann Henselmann in der Zeit des „Bauens in nationaler Tradition“, BIOS, 1+2-2014, S. 169-186.
https://doi.org/10.3224/bios.v27i1-2.22125

Literaturhinweise