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Ambivalente Praxen der (Re-)Produktion. Fürsorge, Bioökonomie und Geschlecht in der Lebendorganspende

Mona Motakef, Sabine Wöhlke

Volltext: PDF

Abstract


Zusammenfassung

Frauen spenden wesentlich häufi ger Organe, während Männer häufi ger Organe empfangen. Wie sich dieses Geschlechterverhältnis in der Lebendorganspende begründet, ist bisher wenig erforscht. Ziel des Beitrags bildet die Entwicklung einer Genderperspektive auf die Lebendorganspende. Unsere These lautet, dass Lebendorganspenden eine ambivalente und vergeschlechtlichte Praxis der (Re)Produktion darstellen. Mit Rückgriff auf Marx und seine geschlechtersoziologischen Kritiken sowie anknüpfend an bioökonomische Arbeiten erarbeiten wir ein doppeltes Verständnis von (Re-)Produktion als Selbstund Fürsorge und als eine (Wieder-)Herstellung von Lebensprozessen. Auf der Basis von qualitativen Interviews wird rekonstruiert, wie Betroffene einer Lebendorganspende auf (Re-)Produktion Bezug nehmen. Eine Lebendorganspende umfasst nicht nur den singulären Akt der Transplantation, so unser Fazit, sondern bildet eine Herausforderung für das Verhältnis von Körper, Arbeit und Leben aller Beteiligten.

Schlüsselwörter: Lebendorganspende, Geschlecht, Reproduktion, Fürsorge, Bioökonomie

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Ambivalent practices of (re)production. Care, bioeconomy and gender in living organ donation

Summary

Women are more likely to donate organs, while men are more likely to receive organs. So far, little research has been done into the reason for this gender disparity in regard to living organ donation. This article aims to develop a gender perspective on living organ donation. We argue that living organ donation should be understood as an ambivalent and gendered practice of (re)production. Based on Marx, feminist criticisms on his work and bioeconomic studies, we develop a dual understanding of (re)production as a form of care and (re)building of life processes. Based on qualitative interviews we reconstruct how the involved living organ donors relate to (re)production. We conclude that living organ donation should not be limit ed to the individual act of transplantation, but should be understood as a challenge for the relationship between the body, work and life of all those involved.

Keywords: living organ donation, gender, reproduction, care, bioeconomy


Literaturhinweise