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‚Sinnliche Ethnografie‘ als Fiktion und ‚Augen-Ethnografie‘ als Praxis. Anmerkungen zum ethnografischen Wahrnehmen und Erkennen als epistemologisches Problem

Marc Schulz

Volltext: PDF

Abstract


Zusammenfassung
Der Beitrag setzt an der Kluft zwischen einer äußerst differenziert geführten methodologischen Diskussion, die das Erkenntnispotential aller Sinnesdaten hervorhebt, und einer häufig zu verzeichnenden Präferenz auf visuell-auditive Daten in den Veröffentlichung von Forschungsergebnissen an. Ausgehend von der Frage, ob sich mit dieser Differenz ein Wahrnehmungs- oder Darstellungsproblem zeigt, wird die These herausgearbeitet, dass auch ethnografische Zugänge sich dem Visualismus als zentralem kulturspezifischen Erkenntnisstil unterordnen. Forschungspraktisch wird damit immer wieder die Präferenz für eine ‚Augen-Ethnografie‘ mitsamt eines handlungsmächtigen Feldforschenden hervorgebracht. Anschließend werden Ethnografiestile aufgerufen, die auf unterschiedliche Weise Strategien zur Bearbeitung dieses visozentrischen Darstellungs- bzw. Wahrnehmungsproblems anbieten: Ethnopsychoanalytische und phänomenologische Perspektiven, Auto- und Performance-Ethnografie sowie praxeologische und Akteur-Netzwerk-theoretische Zugänge versuchen, die Leiblichkeit, Sinnlichkeit und Sensualität der Forschenden erkenntnisgenerierend zu nutzen, indem sie die Forschenden als Subjekte jeweils unterschiedlich positionieren.

Schlagworte: Ethnografie, Methodologie, Sinnlichkeit, Repräsentation, Wahrnehmung

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Abstract

The paper begins with the discrepancy between an extremely differentiated methodological discussion which emphasises the knowledge potential of all sensory data, and a frequently recorded preference for visual-auditory data in the publication of research results. Starting with the question of whether this difference presents a problem in terms of perception or representation, the case is made that ethnographical approaches, too, are subject to visualism as the primary culture-specific cognitive style. In terms of research practice, therefore, the preference is repeatedly for an ‘ethnography of the eye’ along with a ‘competent’ field researcher. Building on this, styles of ethnography are suggested which offer different strategies for developing this visuocentric problem of representation and perception: ethno-psychoanalytical and phenomenological perspectives, autoethnography and performance ethnography, as well as praxeological and actor-networktheoretical approaches attempt to use the bodiliness, sensuousness and sensuality of researchers to generate knowledge by positioning the researchers as subjects, each in different ways.

Keywords: Ethnography, methodology, sensuality, representation, perception

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Bibliographie: Schulz, Marc: ‚Sinnliche Ethnografie‘ als Fiktion und ‚Augen-Ethnografie‘ als Praxis. Anmerkungen zum ethnografischen Wahrnehmen und Erkennen als epistemologisches Problem, ZQF, 1-2015, S. 43-55. https://doi.org/10.3224/zqf.v16i1.22853


Literaturhinweise