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Zeitzeugenschaft im Wandel. Entwicklungslinien eines (zeit-)geschichtskulturellen Paradigmas in Kontexten von ‚NS-Vergangenheitsbewältigung‘ und ‚DDR-Aufarbeitung‘

Christian Ernst, Peter Paul Schwarz

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Abstract


Zusammenfassung

Zeitzeugen erscheinen als selbstverständlicher Bestandteil heutiger ‚Erinnerungs‘- und ‚Geschichtskultur‘. Jedoch ist das Wort ‚Zeitzeuge‘ eine sprachliche Neubildung, die erst seit Mitte der 1970er Jahre in der Bundesrepublik nachweisbar ist und erstmals 1991 im „Einheitsduden“ lexikalisiert wurde. Der Begriff und die mit ihm verbundenen Erscheinungsformen und Praxen von ‚Zeitzeugenschaft‘ sind heterogen und befinden sich in kontinuierlichem Wandel. Sie bauen auf jahrhundertelangen kulturellen Traditionen von Zeugenschaft auf und haben sich im Rahmen zeitgeschichtlicher Diskurse seit 1945 durch Wechselwirkungen zwischen den Bereichen Forschung, Justiz, Medien und Pädagogik ausgeformt und differenziert. Die Entwicklung von Formen und Funktionen von Zeitzeugenschaft in Kontexten der ‚NS-Vergangenheitsbewältigung‘ und der ‚Aufarbeitung‘ und ‚Vermittlung‘ der DDR-Geschichte wird in diesem Beitrag in einer Zusammenschau von Forschungsliteratur und ersten Ergebnissen des Projekts „Arbeit mit Zeitzeugen zur DDR-Geschichte in der außerschulischen Bildung“ nachvollzogen, um daraus Schlussfolgerungen für die Oral History und die Arbeit mit Zeitzeugen abzuleiten. Dabei wird deutlich, dass sich die Funktionen und Formen des ‚Einsatzes von Zeitzeugen‘ seit den 1990er Jahren durch Offizialisierungsprozesse der ‚Erinnerungskultur‘ bei gleichzeitiger Differenzierung im Zeichen des Medienwandels im ‚digitalen Zeitalter‘ stark verändert haben. Um die vielschichtigen Voraussetzungen und Prozesse von Zeitzeugenarbeit angemessen beschreiben zu können, wird eine begriffliche Unterscheidung von impliziter und expliziter Zeitzeugenschaft vorgeschlagen.


Literaturhinweise