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Konkurrierende Erinnerungspolitiken in Gedenkstätten. „Mnemonische Rollenzuschreibungen“ und Ellipsen im Tuol Sleng Genocide Museum

Timothy Williams

Volltext: PDF

Abstract


Zusammenfassung

In Post-Gewalt-Kambodscha ist Tuol Sleng Genocide Museum zusammen mit den „killing fields“ Choeung Ek zu einem der wichtigsten Gedenkorte geworden. Dieser Ort ist zentral für den dominanten Diskurs über die Bedeutung vergangener Gewalt während der Herrschaft der Roten Khmer. Das in der Gedenkstätte vorgestellte Narrativ dämonisiert einerseits die Roten Khmer als die Gruppe, die für die exzessive Grausamkeit der späten 1970er Jahre verantwortlich ist. Gleichzeitig konstruiert es eine Opferschaft aller Menschen, die unter dem Regime gelebt haben, auch ehemaliger Kader der Roten Khmer. Diese Konkurrenz verschiedener Narrative wird durch eine Ellipse ermöglicht, bei welcher verschwiegen wird, dass ein Großteil der hier gefolterten und dann getöteten Menschen selbst Kader der Roten Khmer waren, die Säuberungen zum Opfer gefallen sind. Dieses Schweigen manifestiert sich in einer Ellipse im Audio-Guide, der auf Leiden und Schmerz in den Mittelpunkt stellt, sowie im Mangel an weiterführenden Informationen in der Dauerausstellung. Während temporäre Ausstellungen sich auch mit den einzelnen Tätern beschäftigen, wird hier ein Opferschicksal konstruiert. Auf dieser Art und Weise wird die Gedenkstätte genutzt, um ein breiteres Narrativ zu erzählen, welches die Regierung in ihrer Erinnerungspolitik stützt.

Schlagwörter: Erinnerung, Gedenkstätte, Tuol Sleng, Kambodscha, Rote Khmer

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Competing memory politics in memorials. “Mnemonic role attributions” and ellipses in Tuol Sleng Genocide Museum

Abstract

In post-violence Cambodia, Tuol Sleng Genocide Museum has become the central memorial space for remembering the Khmer Rouge past along with the killing fields at Choeung Ek. As such, the space has become central to the dominant narrative about the meaning of the past violence. The narrative told at the memorial demonises the Khmer Rouge as the group which wreaked this immense cruelty, yet makes no mention that the people who were tortured in this space and then sent to their deaths were predominantly cadres of the Khmer Rouge who had become victims of the purges. This silence is manifested in an ellipsis in the audio guide on who the victims were, in the shock factor of the curation which focusses on suffering and pain, as well as the dearth of explanations in the permanent exhibition. While temporary exhibition material does broach the topic of individual perpetrators, it also frames the individuals as destined for victimhood. In this way the memorial space of Tuol Sleng is (mis-)used to tell a broader albeit other story, which is in line with the stylised narration of the past which the government favours and forwards.

Keywords: memory, memorial, Tuol Sleng, Cambodia, Khmer Rouge

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Bibliographie: Williams, Timothy: Konkurrierende Erinnerungspolitiken in Gedenkstätten. „Mnemonische Rollenzuschreibungen“ und Ellipsen im Tuol Sleng Genocide Museum, PERIPHERIE – Politik • Ökonomie • Kultur, 1-2019, S. 8-25. https://doi.org/10.3224/peripherie.v39i1.02


Literaturhinweise