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Wann ist eine Utopie hinreichend realistisch? Ideale Gerechtigkeitstheorien in der Diskussion

Tamara Jugov

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Abstract


Leseprobe

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Zusammenfassung

Der Beitrag versteht die Debatte um die angemessene Abstraktionshöhe von Gerechtigkeitstheorien als eine Diskussion darüber, ob (und an welcher Stelle) empirische Fakten bei der Konstruktion der Theorie berücksichtigt werden sollten. Aber wie lässt sich die Frage entscheiden, welchen Grad an Realismus beziehungsweise Utopismus eine Theorie der Gerechtigkeit haben sollte? Der Beitrag entwickelt hierfür zwei Kriterien: Erstens darf eine Gerechtigkeitstheorie nicht auf unzulässigen Idealisierungen beruhen, das heißt sie darf keine partikularen empirischen Fakten als universell gegebene voraussetzen und so ihren Geltungsbereich auf zu wenige Fälle einschränken. Zweitens darf eine Gerechtigkeitstheorie nicht zu abstrakt werden, indem sie von solchen Fakten abstrahiert, die für die Beschreibung von Gerechtigkeitsproblemen konstitutiv sind. Dieser Vorgang lässt eine Theorie zu stark utopisch werden. Als für Gerechtigkeitsfragen konstitutive empirische Fakten identifiziert der Beitrag, erstens, moralischen Dissens sowie, zweitens, Strukturen sozialer Macht. Als Folge dieser Überlegungen muss Rawls’ Unterscheidung zwischen idealer und nicht-idealer Theorie zugunsten eines kritischen und negativistischen Ansatzes verworfen werden.

Schlüsselwörter: Gerechtigkeit, Gerechtigkeitstheorien, ideale / nicht-ideale Theorie, Realismus, Utopismus

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Abstract

This article suggests to understand the debate around the appropriate level of how ideal a theory of justice should be in terms of whether, and at what point, empirical facts should enter the theory. How is this meta-theoretical question to be settled? The article argues that there are two criteria that play a key role. First, a theory of justice should avoid inadmissible idealizations, that is, it must not presuppose particular empirical facts as universally given. This would unduly restrict the scope of the theory. Second, a theory of justice should not be too abstract by abstracting away from facts that are necessary or constitutive for problems of justice. This would make it too utopian. The article suggests that there are two classes of facts that are constitutive of problems of justice: practices of moral dissent and structures of social power. It concludes that Rawls’ distinction between ideal and non-ideal theory should be replaced by a critical and negativistic approach to theorizing justice.

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Bibliographie: Jugov, Tamara: Wann ist eine Utopie hinreichend realistisch? Ideale Gerechtigkeitstheorien in der Diskussion, ZPTh – Zeitschrift für Politische Theorie, 1-2023, S. 107-128. https://doi.org/10.3224/zpth.v14i1.06

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Literaturhinweise