Baudrillard als Denker seelischer Erschöpfung? Die Konsumgesellschaft nach Baudrillard und psychische Leiden

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Robin Sachsenröder

Abstract

Ausgehend von der Beobachtung, dass der bestehende soziologische Diskurs um die Konjunktur psychischer Leiden insbesondere Transformationen der Arbeit in den Blick nimmt, möchte sich dieser Beitrag der Konsumsphäre annehmen und sie für ein kritisches, ganzheitliches Verständnis der Erschöpfung profilieren. Dafür wird Jean Baudrillards Begriff der Konsumgesellschaft herangezogen, um die Praxis des Konsums als materielles Substrat und Subjektivierungsinstanz des erschöpften Selbst zu theoretisieren. Es wird herausgearbeitet, wie der Konsum an dem individualisierenden kulturellen Muster der autonomen Selbstentfaltung beteiligt ist, wie er die Norm eines glücklichen Lebens etabliert, wie therapeutisierende Diskurse mit ihm verschränkt sind und wie er die Subjekte zur konkurrenzgetriebenen Statusinvestition disponiert.
Schlagwörter: Konsum, Psychisches Leid, Erschöpftes Selbst, Subjektivierung, Baudrillard


Bibliographie: Sachsenröder, Robin: Baudrillard als Denker seelischer Erschöpfung? Die Konsumgesellschaft nach Baudrillard und psychische Leiden, Soziologiemagazin, 2-2024, S. 22-45.

Artikel-Details

Erscheinungsdatum: September 2025
Open-Access-Lizenz: CC BY 4.0

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