Sexarbeit in Wien: Unausgeschöpfte Emanzipationspotenziale und hegemoniale Beharrungskräfte im Novellierungsprozess des Wiener Prostitutionsgesetzes 2011

Katja Chmilewski, Eva Lambauer, Ilse Koza

Abstract


Zusammenfassung

Dieser Artikel fokussiert auf Kontinuitäten und Brüche der Regulierung von Sexarbeit in Wien am Beispiel des Novellierungsprozesses zum Wiener Prostitutionsgesetz 2011 (ProstG). Allgemein ist festzustellen, dass sich das neue Wiener ProstG als Ausdruck des österreichischen Prostitutionsregimes in einem Spannungsfeld von Regelungen der Bundes- und Landesebene bewegt. Das neue Gesetz kann als Kontinuität eines zunehmenden politisch restriktiven framings von Sexarbeit verortet werden, wobei diese vornehmlich im Kontext von Gewalt, Frauenhandel und Devianz gesehen wird. Das Verständnis von Sexarbeit im arbeits- und sozialrechtlichen Sinne tritt dabei in den Hintergrund. Der Beitrag wird durch eine theoretische und diskursive Einbettung der Debatte abgerundet und stellt die gegenwärtigen europäischen Regelungsmodelle im Überblick dar. Die Analyse des Policyprozesses erfolgte anhand qualitativer Interviews mit den am Gesetzwerdungsprozess beteiligten Akteur_innen. Im Ergebnis wurde mit dem seit 1.11.2011 geltenden Gesetz die Trennung von Straßenstrich und Wohngebiet beschlossen und somit die Verdrängung von Sexarbeit aus dem öffentlichen Raum forciert. Sexarbeiter_innen sind somit einer zunehmenden Vulnerabilität und Illegalisierung ausgesetzt. Unser Ziel ist es, die Chancen und Grenzen rechtlicher Regulierung und damit emanzipatorisches Potential innerhalb des gegenwärtigen Rahmens aufzuzeigen.

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Sex work in Vienna: Unfulfilled emancipatory potential and hegemonic inertia in the 2011process of amending the Viennese law on prostitution

Abstract

Employing the 2011 amendment of the Viennese law on prostitution (Wiener Prostitutionsgesetz 2011) as an example, this article focuses on continuity and disruption concerning the regulation of sex work in Vienna. This new law on prostitution can be understood as an expression of the Austrian prostitution regime balancing tensions between Länder and federal regulations. The new law continues to uphold a policy framing that links sex work to human trafficking, violence and deviance. This approach marginalizes a concept of sex work based on labour and social law. These regulatory changes are embedded in theoretical and discursive debates and discussed against the background regulatory approaches to sex work in Europe. The policy process is analyzed on the basis of qualitative interviews with key actors. The new law dating from November 1, 2011 implements the separation between street-based sex work and residential areas, thus excluding sex work from the public sphere. As a result, sex workers become illegal and more vulnerable. The objective of this article is to identify the potential and the limits of legal regulations thereby illustrating the emancipatory potential of the existing legal framework.


Literaturhinweise