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Eingeschränkte Solidarität – Feminismus zwischen Ableism und Intersektionalität

Kirsten Achtelik

Volltext: PDF

Abstract


Zusammenfassung

Wie kann Solidarität innerhalb und zwischen verschiedenen Bewegungen hergestellt und aufrechterhalten werden? Dieser Frage geht der Text anhand der Kontroversen in der Frauenbewegung um behindertenpolitische Themen nach, insbesondere in Bezug auf humangenetische Beratungsstellen und Pränataldiagnostik. Dazu werden vier Texte von Feministinnen mit und ohne Behinderung vorgestellt und auf ihre Appelle zur Solidarität befragt, die zwischen den beiden feministischen Kongressen gegen Reproduktionstechnologien ab Mitte der 1980er Jahre entstanden sind. Hier ist besonders interessant, wer in Bezug auf welche Ziele und Werte an wessen Solidarität appelliert. Die Anwendung des zentralen feministischen Slogans „Das Private ist politisch“ auf die eigene Bewegung durch Feministinnen mit Behinderung und die autonome Strömung ermöglichte eine Kritik an internalisierter Behindertenfeindlichkeit/Ableism und an einem eindimensionalen und exklusiven Selbstbestimmungsbegriff in den Debatten um pränatale Diagnostik und Abtreibung. Diese Aufforderung zur Selbstkritik und die Vorschläge zur Entwicklung eines komplexeren und inklusiveren Selbstbestimmungsbegriffs wurden teilweise ignoriert oder auch mit Verratsvorwürfen begegnet. Die Konflikte sowie die Solidaritätsaufrufe zeigen, dass praktische Solidarität eher zwischen verschiedenen Bewegungsströmungen möglich ist als zwischen ganzen Bewegungen. Schlagwörter: Soziale Bewegungen, Feminismus, Reproduktionstechnologien, Behinderung, Intersektionalität, Ableism

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Restricted Solidarity: Feminism between Ableism and Intersectionality

Abstract

How can solidarity be established and maintained within and between different social movements? The text addresses this question through the controversy in the women's movement on disability issues, particularly human genetic counseling and prenatal diagnostics. To this end, four texts by feminists with and without disabilities written between the two feminist congresses against reproductive technologies in the mid-1980s are presented and questioned about their appeals for solidarity. Here is particularly interesting who appeals in terms of what goals and values to whose solidarity. The application of the central feminist slogan "The Private is Political" to the own movement by feminists with disabilities and by the autonomous current made possible a critique of internalized ableism and a one-dimensional and exclusive concept of self-determination in the debates on prenatal diagnostics and abortion. This call for self-criticism and the proposals to develop a more complex and inclusive concept of self-determination were sometimes ignored or even met with accusation of treason. This conflicts and calls for solidarity show that practical solidarity is more possible between different movement currents than between whole movements. Keywords: social movements, feminism, reproductive technologies, disability, intersectionality, ableism

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Bibliographie: Achtelik, Kirsten: Eingeschränkte Solidarität – Feminismus zwischen Ableism und Intersektionalität, Femina Politica – Zeitschrift für feministische Politikwissenschaft, 2-2019, S. 40-53. https://doi.org/10.3224/feminapolitica.v28i2.04


Literaturhinweise