Vom Utopieverlust im Neoliberalismus zum Autoritarismus und zurück in die Zukunft
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Abstract
Wie hängen der Utopieverlust unserer Zeit und der Aufstieg des rechten Autoritarismus zusammen? Es ist der Erfolg des Neoliberalismus in den vergangenen Jahrzehnten, der gegen die utopische Kernidee der Gestaltbarkeit von Gesellschaft die Alternativlosigkeit des Marktes setzte. Gegenüber den Menschen folgt daraus eine Anrufung zur Selbstverantwortung, die sich gerade in Krisenzeiten als Überforderung erweist. Aufbauend auf dieser Vereinzelung ist der Rechtspopulismus erfolgreich, indem er nationale Zugehörigkeit als Entlastung verspricht. Die Erzählung von allmächtigen Verschwörungen ist dabei psychoanalytisch auch aus Erfahrungen eigener, verdrängter Ohnmacht zu erklären. Was geblieben ist, sind Dystopien einer drohenden Zukunft, an die angeknüpft werden kann, um der politischen Phantasie wieder Zugang zu utopischen Perspektiven zu verschaffen.
Schlagwörter: Utopie, Neoliberalismus, Autoritarismus, Dystopie, Phantasie
Bibliographie: Neupert-Doppler, Alexander: Vom Utopieverlust im Neoliberalismus zum Autoritarismus und zurück in die Zukunft, PERIPHERIE – Politik • Ökonomie • Kultur, Nr. 177-178 (1-2025), S. 106-125.
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