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Demokratie und die Kolonialität der Gewalt. Konstitutive Verwobenheiten und aktuelle Verdichtungen

Gundula Ludwig

Volltext: PDF

Abstract


Leseprobe

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Zusammenfassung

Während liberalen Demokratietheorien Gewalt als das Andere von Demokratie gilt, haben post- und dekoloniale Theorien den Nachweis erbracht, dass Gewalt ein grundlegendes Element moderner Ordnungen und liberaler Demokratien ist. Von einem weiten Verständnis von Demokratie ausgehend, das diese auch als Lebensform und Subjektivierungsweise versteht, erörtert der Text erstens die Frage, auf welchen gewaltvollen diskursiven Voraussetzungen die Konstitution des Subjekts in der liberalen Demokratie beruht. Es wird dargelegt, wie die Figur des autonomen, souveränen Individuums auf der gewaltvollen „Kolonialität von Macht“ (Quijano 2000) beruht, das ein demokratisches Verständnis von Politik letztlich verunmöglicht. Aus intersektionaler Perspektive wird gezeigt, wie sich in der gewaltvollen Konstitution des demokratischen Subjekts Rassismus, Kolonialismus, Geschlechter- und Sexualitätsverhältnisse miteinander verschränken. Zweitens werden die Erkenntnisse zur Verwobenheit der ‚Kolonialität der Gewalt‘ und Demokratie in Dialog mit Ansätzen radikaler Demokratietheorie gebracht. Hier wird erörtert, wie die radikaldemokratische Kritik mittels post- und dekolonialer Perspektive rekonzeptualisiert werden muss, wenn sie auch die gewaltvollen Fundamente liberaler moderner Demokratie radikal kritisieren will. Daran anschließend wird drittens dargelegt, dass die gegenwärtige Krise der Demokratie aus der hier entwickelten Perspektive eine durchweg systemische ist. Die aktuelle Krise der Demokratie wird als Verdichtung des in der liberal-kolonialen Konstruktion des demokratischen Subjekts angelegten undemokratischen Subtextes ausgewiesen. Den Schluss des Textes bilden Überlegungen zu Wegen der Dekolonisierung von Demokratie.

Schlüsselwörter: Kolonialiät der Macht, Gewalt, Androzentrismus, Eurozentrismus, Subjektivierung, Relationalität, radikale Demokratietheorie

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Abstract

While liberal theories of democracy view violence as the opposite of democracy, post- and decolonial theories argue that violence is a fundamental element of liberal democracies. Based on a broad notion of democracy, which approaches democracy also as a form of life and a mode of subjectivation, the article unmasks first the violent discursive presuppositions of the subject of liberal democracy. I argue that the figure of the autonomous, sovereign individual is based on the violent „coloniality of power“ (Quijano 2000) that ultimately makes democratic politics impossible. From an intersectional perspective, I further argue how racist, colonial, gendered and sexual relations of power are intertwined in the violent constitution of the democratic subject. Second, these insights of the ‘coloniality of violence’ as foundation of liberal democracies are brought to a dialogue with radical democratic theory. Third, I argue that the current crisis of democracy is a systemic one deriving from the ‘coloniality of violence’ inherent in liberal democracies and its political subjects. The article concludes by offering preliminary reflections on ways of decolonizing democracy.

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Bibliographie: Ludwig, Gundula: Demokratie und die Kolonialität der Gewalt. Konstitutive Verwobenheiten und aktuelle Verdichtungen, ZPTh – Zeitschrift für Politische Theorie, 2-2021, S. 218-237.
https://doi.org/10.3224/zpth.v12i2.05

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