Nietzsche und Arendt über „Massengesellschaft“ – mit Simmel und Weber gelesen
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Abstract
Das Konzept der Masse und der Massengesellschaft spielt in den Werken von Nietzsche und Arendt eine Schlüsselrolle für ihr Verständnis der Moderne. Um diesen Sachverhalt zu klären, wird zunächst an das Konzept der Masse in den Sozialwissenschaften erinnert, dann Nietzsche als einer der ersten Massentheoretiker vorgestellt und schließlich aufgezeigt, wie bei Arendt das Zeitalter der Massen Politik und Gesellschaft beeinflussen. Die These lautet: Nietzsche erspürt Rolle und Dynamik der aufkommenden Masse und der Massengesellschaft in der Moderne, sieht im aristokratischen Individualismus aber noch immer eine Gegenmacht. Arendt dekliniert die Folgen dieses Phänomens durch und diagnostiziert die Masse als Spielball totalitärer Herrschaft. Beide Denker teilen eine Ambivalenz gegenüber dem Phänomen und suchen nach Lösungen, die den depravierenden Einfluss der Massen dämpfen können. Nietzsche setzt auf den ‚Übermenschen‘ als Vorbild, Arendt auf Politik und Öffentlichkeit.
Schlüsselwörter: Hannah Arendt, Friedrich Nietzsche, Georg Simmel, Max Weber, Masse und Massengesellschaft
Bibliographie: Müller, Hans-Peter: Nietzsche und Arendt über „Massengesellschaft“ – mit Simmel und Weber gelesen, ZPTh – Zeitschrift für Politische Theorie, 1-2025, S. 37-47.
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