Bernfelds Erziehungswissenschaft
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Abstract
Der polemische Ton des Sisyphos täuscht leicht darüber hinweg, dass das Buch den Entwurf einer nahezu kompletten Erziehungswissenschaft enthält, die allen gängigen Standards von Wissenschaftlichkeit entspricht. Mit seiner Skizze erprobt Bernfeld eine anthropologische Grundlegung, die sich mit ihrem doppelten Zugang an klassischen Mustern in modernisierter Gestalt orientiert: psychoanalytische Theorieelemente für Psychologie, marxistische für (Gesellschafts-) Philosophie oder Ethik. Beide betonen die durchgängige Konflikthaftigkeit menschlicher Existenz, insbesondere auch der Generationenverhältnisse. Sie bilden „Grundpfeiler“, stellen selbst aber noch keine Erziehungswissenschaft dar. Genutzt werden sie nicht zur Legitimation von Erziehung oder Erziehungszielen, sondern zur Problemexposition und zur Generierung von Fragestellungen, an denen zu arbeiten Aufgabe einer künftigen Erziehungswissenschaft wäre.
Schlagworte: Erziehungsbegriff, Erziehungswissenschaft, Rationalisierung der Erziehung, Gewalt in der Erziehung, Instituetik, Organisation
Bibliographie: Schubert, Volker: Bernfelds Erziehungswissenschaft, Pädagogische Korrespondenz, 1-2025 (Heft 71), S. 26-40.
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Literatur
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