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Flucht in die Projektion. Zum Zusammenhang von Autoritarismus, Verschwörungsmentalität und rechtsextremer Einstellung

Marius Dilling, Johannes Kiess, Elmar Brähler

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Abstract


Zusammenfassung

Die vorliegende Studie untersucht den Zusammenhang zwischen Autoritarismus, Verschwörungsmentalität und rechtsextremer Einstellung basierend auf einer Repräsentativbefragung und mittels eines Strukturgleichungsmodells (N = 2.312). Empirische und theoretische Arbeiten greifen zur Erklärung rechtsextremer Einstellung – und damit verbundener Handlungen wie etwa Wahlentscheidungen oder Gewalttaten – wieder stärker auf das Konzept des Autoritarismus zurück. Auch Erkenntnisse zur Verschwörungsmentalität finden erst seit kurzem wieder Eingang in die Rechtsextremismusforschung. Wir folgen in diesem Aufsatz der Überlegung, dass es durch den Rückgriff auf eine entsprechende theoretische, psychodynamische Rahmung möglich ist, sowohl das Bedürfnis nach Identifikation mit und Unterwerfung unter Autoritäten als auch die projektive Neigung zur aggressiven Abwertung Anderer in das Verständnis rechtsextremer Phänomene einzubeziehen. Projektives Denken – in Form des Antisemitismus, als rassistische Diskriminierung oder als Verschwörungsdenken – ist, so argumentiert der vorliegende Beitrag im Anschluss an die jüngste Debatte, zentral für das Verständnis rechtsextremer Phänomene. Es zeigt sich, dass Autoritarismus nicht nur ein wichtiger Prädiktor für Verschwörungsmentalität und rechtsextreme Einstellung ist, sondern dass der Effekt des Autoritarismus auf rechtsextreme Einstellung außerdem teilweise durch Verschwörungsmentalität vermittelt wird. Dies weist auf die dem Konzept des Autoritarismus zugrundeliegenden psychodynamischen Prozesse als einen vielversprechenden Erklärungsansatz hin. Außerdem kommt dem Verschwörungsdenken eine eigenständige, wenn auch im Vergleich mit dem Konstrukt Autoritarismus geringere Rolle zur Varianzaufklärung der Prävalenz rechtsextremer Einstellung zu. Verschwörungsdenken könnte so ein Einfallstor zur Verbreitung rechtsextremer Einstellung darstellen.

Schlüsselwörter: Rechtsextremismus, Autoritarismus, Antisemitismus, Verschwörungstheorien, Verschwörungsmentalität, Einstellungen

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Escape into Projection. On the Relationship of Authoritarianism, Conspiracy Mentality and Right-Wing Extremist Attitudes

Summary

This study aims to explore the relationship between authoritarianism, conspiracy mentality and right-wing extremist attitudes based on a secondary analysis of a German representative survey and using structural equation modeling (N = 2.312). Empirical research has revived the concept of authoritarianism to explain right-wing extremist attitudes – as well as right-wing extremist violence and electoral behavior. Conspiracy mentality only recently gained importance as a predictor for right-wing extremism. We argue that projective thinking – be it antisemitism, racism or conspiracy mentality – is central for understanding right-wing extremist attitudes. This study shows, that authoritarianism is not only an important predictor for right-wing extremist attitudes. Beyond that, our findings indicate that the effect of authoritarianism on right-wing extremist attitudes is mediated by conspiracy mentality. This suggests to reconsider psychodynamic processes as one possible explanatory approach. Moreover, our findings suggest that conspiracy mentality, while providing additional explanatory power should be considered a factor for radicalization into right-wing extremism distinct from authoritarianism.

Keywords: Right-Wing Extremism, Authoritarianism, Antisemitism, Conspiracy Theories, Conspiracy Mentality, Attitudes

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Bibliographie: Dilling, Marius/Kiess, Johannes/Brähler, Elmar: Flucht in die Projektion. Zum Zusammenhang von Autoritarismus, Verschwörungsmentalität und rechtsextremer Einstellung, ZRex – Zeitschrift für Rechtsextremismusforschung, 2-2023, S. 169-191. https://doi.org/10.3224/zrex.v3i2.02

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Literaturhinweise