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Zwischen Provokation und Repression – gesundheitliche Selbsthilfe im Schatten von Erinnerungskultur

Susanne Boehm

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Abstract


Zusammenfassung

Dieser Beitrag greift Missverständnisse gegenüber der Frauengesundheitsbewegung innerhalb von Erinnerungskultur auf. Ziele von gynäkologischer Selbstuntersuchung (Self-Help) scheinen im feministischen Diskurs, aber auch in der Geschlechterforschung jüngerer Zeit als unpolitische Übung gesundheitlicher Selbstbildung fehlgedeutet zu werden. Um dies als geschichtliches Missverständnis zu markieren, erscheint es vielversprechend, historische Dokumente der Neuen Frauenbewegung mit späteren aktivistischen Zeugnissen zu verbinden. In einem derartigen Fokus wird es möglich, Hinweise auf politische Gehalte in feministischen Publikationen retrospektiv zu entziffern. Aspekte menstrueller Extraktion, die jene Praktik als Ersttrimester-Abtreibungen – und somit als strafrechtlich untersagte Handlungen – nachvollziehbar machen würden, sind besonders in den frühen Jahren der Neuen Frauenbewegung von Aktivistinnen in schriftlichen Dokumenten dezidiert ausgelassen worden. Das Wissen zu dieser Technik als feministischer Selbsthilfeansatz, um frühe Schwangerschaften abzubrechen, wurde in Selbsthilfe-Workshops geteilt und der vorliegende Beitrag zeigt, wie es sich international jenseits von Publikationen in der Vertraulichkeit feministischer Netzwerke verbreiten konnte. Gynäkologische Selbsthilfe wird dabei als politische Aktionsform verdeutlicht, um zu fragen, ob feministische Erinnerungskultur dieses Politikum durch eine verengte eigene Perspektive aus dem Blick verloren hat.

Schlüsselwörter: Frauengesundheitsbewegung, Gynäkologische Selbstuntersuchung, Feministische Kontroverse, Abtreibungsrechte, Menstruelle Extraktion

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Between provocation and repression – medical self-help overshadowed by the culture of remembrance

Abstract

This article addresses misinterpretations regarding the women’s health movement that exist within commemorative culture. Within the feminist discourse as well as in the context of gender studies, the aims of gynaecological self-exam sessions seem to have been misunderstood in recent years as non-political exercises or merely self-educative health practices. Linking historical documents relating to the women’s liberation movement with later testimonies of activists appears to be a promising approach to mark this as a historical misunderstanding. Taking this focus, it is possible to decipher, in retrospect, references to political elements in feminist publications. Especially in the early years of the women’s health movement, aspects of menstrual extractions that would connect this practice to first-trimester abortions – and therefore prohibited acts – were omitted by activists in written documents. Knowledge about this feminist self-help technique for terminating early pregnancies was shared through selfhelp sessions and workshops, and this article shows how it was able to spread internationally beyond the realm of published works in the context of the confidentiality provided by feminist networks. Self-help is marked as a political form of activism in order to investigate whether feminist commemorative culture has lost sight of this political issue by narrowing its own perspective.

Keywords: women’s health movement, gynaecological self-help, feminist controversy, abortion rights, menstrual extraction

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Bibliographie: Boehm, Susanne: Zwischen Provokation und Repression – gesundheitliche Selbsthilfe im Schatten von Erinnerungskultur, GENDER – Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft, 1-2024, S. 101-114.
https://doi.org/10.3224/gender.v16i1.08

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Literaturhinweise